
Japanischer Dämon Tattoo
Wie es sich so trifft, damals in der Franziskanerstraße. Da hatte ich einen Laden. Und lustig, in dem selben Haus sind Büros und sonstiges. Und dann steht irgendwann der Herr von der Bayern LBS da und möchte sich beraten lassen. Über ein Drachen Cover-up. Weißes Hemd, Anzug, Krawatte… . Und vom ersten Blick würde man nicht darauf kommen, dass das Äußere viele, viele alte Tattoos verbirgt. Jugendsünden? Das kann man nicht so sagen. Einfach nur eine andere Zeit. Und ein definitiv anders Körperverständnis. Eine Zeit, in der es normal war, sich einzelne Motive wie Aufkleber hinpflastern zu lassen. Nun, Zeiten ändern sich. Zeiten kommen aber auch wieder. Und dann im Laufe der Jahre muss der Mann feststellen, dass er immer weniger seine Arme zeigen mag. Egal zu welchem Anlass. Ob im privatem Rahmen oder in der Arbeit, Ja, in der Arbeit mal ja gleich gar nicht. Wegen der massiven Menge von altem verhunzten Zeug musste ich echt überlegen.
Drachenbrut ist ja prinzipiell in allen Variationen verfügbar. Da kann man in der Ausarbeitung echt flexibel sein. So ist für jeden etwas mit dabei. Da der Gedanke für das Cover-up Tattoo ein Drache war, in asiatischem Stil, hatte ich eine gewisse Bandbreite zur Verfügung. Die Schuppen für das Drachen Cover-up wurden mit einer gewissen Musterung versehen, was den Vorteil hatte die hellen und dunklen Stellen besser ausnützen zu können. Und die Wellen machten auch eine ganze Menge aus.
Natürlich fragt man sich immer bei einem Cover-up Tattoo , auch bei diesem Drachen Cover-up, wie man an die Sache am Besten herangehen sollte. Gerade bei einem Full-Sleeve ist es wichtig, das Ganze nicht zu klein und zu fieselig zu gestalten. Es braucht eine bestimmte Größe, um zu wirken. Andererseits ist es gerade bei einem Cover-up Tattoo mit einer derartigen Menge an darunter liegenden Informationen wiederum kontraproduktiv, die Sache zu groß auszuarbeiten, da in dem Fall die Überdeckung gerade noch unterstrichen wird. Das ist als ob man mit einem Pfeil drauf zeigen würde. Aus dem Grund gestaltete ich den Drachen in einer eher lang gezogenen Form, wie er sich unter den Wellen durchschlängelt. Zur Auflockerung kamen noch mal alle Nase lang Felsen in das Wasser. Langer Rede kurzer Sinn: Am Ende war der Mann einfach nur glücklich, dass er sich auch in Freizeit-Klamotten kurzärmelig zeigen konnte. Weil das alte Zeug weg war. Weil der neue Drache eine definite Verbesserung war. Und weil es alles in allem eine Steigerung von Lebensqualität war, sich dieses Cover-up Tattoo stechen zu lassen.
Ok, die Chronologie ist mal wieder nicht ganz korrekt. Aber, wie an anderer Stelle gesagt. Ich bräuchte ewig bis die ganzen Sachen in die richtige Reihenfolge gebracht wären. Zeitpunkt der Entstehung muss sich ca um 2003/ 4 bewegt haben. Alte selbstgestochene Tattoos… . Das Beste was einem passieren kann. Naja, auf jeden Fall, wenn man sich gerne Gedanken macht und versucht neue Optionen über altes Zeug zu machen. Ein Drache. Das war auf jeden Fall der Input für das Cover-up. So, und jetzt mal wieder ein bisschen das Hirn verrenkt und überlegt, wo man was hinsetzen kann. Den Grundgedanken hatte ich recht schnell gefunden. Die Palme könne man super als Bart von dem Drachen verbauen. Den Stamm der Palme in die Zunge setzen. und so weiter , und so fort. Che war dabei der größte, dunkelste Punkt der Vergangenheit sozusagen. Der wurde durch seine Position einfach in die seitlichen Haarspitzen gesetzt. Da das Teil eh schon vom Untergrund her sehr dunkel war habe ich auch damals schon nur mit Farben gearbeiten. Beziehungsweise in den dunklen Parts hart abgesetzte Schwarze Flächen als Schatten gesetzt.
Um eine gewisse Auflockerung zu erreichen machte ich den Vorschlag, man könne den Drachen zweigeteilt gestalten. Ich glaube damals ein Tattoo von einem Kollegen aus Stuttgart gesehen zu haben, das mich zu dieser Form inspiriert hat. Und abgesehen davon unterstützen sich die beiden Seiten auch recht schön von der individuellen Farbwirkung durch die Komplementärfarben daneben.
Dabei fällt mir eine kleine Anekdote ein… . Ich hatte mich vor einer Weile von einem Kollegen tätowieren lassen. Er war eigentlich noch recht am Anfang seiner Laufbahn als wir gestartet hatten, aber sein Stil hat mir sehr zugesagt. Als ich dann zu ihm kam redeten wir natürlich auch über Farben, Zusammensetzungen und so manches Anderes. Leider kam es dabei zu einer Pause, und wir machten das Teil dann 3 Jahre später fertig. Er hatte in der Zwischenzeit Erfahrungen machen dürfen und sich weiter entwickeln dürfen… . In der Zwischenzeit war mein Ansatz aber untergegangen, weil ich mit meiner Art Farben zu verarbeiten teilweise recht alleine da stehe. Er war stolz, sich mit seinen Entwicklungen zeigen zu können, meinte jedoch dass es ja noch soviel zu lernen gebe… . Am Ende standen wir da und ich musste feststellen, dass das auf You-Tube Tutorials beschränkt war, beziehungsweise auf Inhalte, die er von anderen Tatowierern vermittelt bekommen hatte. So Sachen, wie Schwarz als Schattierung nur pur, dafür aber fein gepixelt unter die Haut zu bringen. O-Ton: na dann wird halt die Farbe ein wenig stumpf dadurch… . Und dann stritten wir uns über Farben, die in Deutschland nicht erlaubt sind und die ich vor über 10 Jahren als nicht dauerhaft in der Farbechtecht verabschieden mußte. Da zeigt sich halt mal wieder: jeder muss seine Erfahrungen selbst machen, vor allem wenn er auf Andere hört 😀 .
Ein Drache ist ja so etwas wie der gute Ton, das 1 x 1, die Grundlage für ein Jedes Tattoo. Das war auf jeden Fall der Gedanke von Francesco. Naja, und damit der eigentlich japanische Zusammenhang nicht zu sehr betont wird, dafür sollte dann halt eben der biomechanische Aspekt sorgen. Der Hintergrund sollte in japanischen Stil, mit Wolken und Wind, gehalten sein. Der Drache sollte eine Mischung aus Alien und Drache sein… nachdem Francesco als waschechter Italiener mit Händen, Füßen, Italienisch und etwas Englisch mit mit kommunizierte dauerte es eine kleine Weile, bis wir uns auf etwas verständigt hatten. Gottseidank gab es ja ein paar Orientierungsmarken in meiner Fotomappe…
Für einen kurzen Moment musste ich gerade echt überlegen, womit das Ganze denn damals angefangen hatte. und just in dem Moment fiel es mir wieder ein. Den Anfang, wie soll es denn anders sein, machte das allsehende Auge am Ellbogen. Naja, nachdem ich ja ein unverbesserlicher Optionist bin fragte ich Martin, inwiefern er denn etwas dagegen hätte, wenn man das Dreieck ein wenig „auflockern“ würde. Der Hintergedanke dabei war und ist: am Ellbogen ist die Fläche nich gerade die gleichförmigste. Und dort dann eine geometrische Figur hinzusetzen? Finde ich persönlich nur unter zu wenigen Gesichtspunkten tatsächlich schön anzusehen. Meistens ist das dann verzogen und krumm, das macht halt die Haut an der Stelle dann automatisch. Deswegen, auch um ein gewisse Auflockerung zu erreichen schlug ich vor, ein Mandala mit einzubauen. Wir machten lediglich bis zum zweiten Kreis, um das Teil nicht zu sehr zu verbauen… was sich nicht allzulang danach dankbar erwies. Weil dann ging es weiter mit dem Skorpion, der mit einer Fortführung des Mandalas einher ging.
In einer späteren Session wurde nach unten hin angedockt, die Situation sollte noch um eine Schlange, einen getorturten Menschen und den Teufel erweitert werden, dabei war es wichtig, dass die Schlange auch über dem Teufel steht. Um das zu erreichen wurde die Zunge der Schlange durch die Augenhöhle des Teufels geführt.
Und wieder später kam dann der Oni, der japanische Teufel , auf die Rücken/ Rippenseite.
Die Renaissance Muster, die aus dem Kirchenbau entnommen waren, haben dabei mal auch so richtig Laune gemacht.
Warum müssen es immer wieder dieselben, überall schon gesehenen Drachen sein? Wahrscheinlich, weil es einfacher ist, alles irgendwo vorgezeichnet und durchgekaut abzupausen, um es dann als „eigenes“ Tattoo zu verkaufen…Deswegen, in dem Fall, war es alleine durch die Stelle – auf und über dem Knie- für mich naheliegend, den Drachen auf eine etwas andere Art zu platzieren. Chris kam aus Rosenheim , und noch ein paar heimatliche Einflüße – Berge und so´n Geschwurbel- waren nicht von der Hand zu weisen. Und der Drache sollte nicht böse sein. Na dann….
Irgendwann steht jemand in meinem kleinen Keller damals in der Franziskanerstraße, der mir sagt, er hätte mich gesucht. Naja, und nachdem er mich nicht gefunden hat, schaute er dann mal gleich in den nahe liegenden Tattoo Laden um die Ecke… . Großer Fehler, wie sich herausgestellt hatte. Denn bei der 3. Sitzung bekam Tom dann nämlich zu hören: “ Ich weiß eigentlich gar nicht, was du da willst….“ Wow, ein Hoch auf soviel Ehrlichkeit. Naja, etwas früher wäre eventuell ganz gut gewesen… . War es aber nicht, also darf ich mich an meinen alten Schulfreund, den ich bestimmt seit knapp 15 Jahren nicht mehr gesehen hatte zu dem Moment, zum Überdecken machen.
Der Engel sollte, auch wenn er nicht so getroffen war wie beabsichtigt, stehenbleiben. Der Satz war soweit ich mich erinnere auch schon gestochen- aus dem Grund die dicken massiven Lettern, die am Schienbein zu sehen sind. Aus irgendeinem Grund hatte meine Vorgängerin rote Schlieren tätowiert, also machte ich Strukturen in Türkis mit roten und gelben Einschlüssen. Und das Bild “ der Schrei“ von Edward Munch sollte auch mit hinein- um das nicht zu dunkel und drückend zu machen setzte ich das in einem netten farbigen Kontrast auf die Wade.
Die anderen Teile des Gesamtwerkes kamen dann nach und nach über die Jahre angestückelt…was hatten wir für eine spassige Zeit miteinander. Ich erinnere mich immer noch an die fröhliche Ansage eines Tages, als mir eröffnet wurde ( ich glaube wir waren gerade bei dem Chamäleon in der Innenseite) : Tur mir leid, ich habe heute mein Höschen wohl vergessen… Wozu hat man nicht Freunde